Curly Coated Retriever

Curly Coated Retriever CORNROW

Geschichte und Ursprung

Der Curly-Coated Retriever gilt als die älteste aller englischen Retrieverrassen. Die meisten Experten sind sich einig, dass das markante, gelockte Fell von den alten English Waterdogs stammt – nicht zu verwechseln mit dem Water Spaniel, der sich in Größe und Proportionen unterschied. Dieses typische, gelockte Fell liefert bis heute die wichtigsten Hinweise auf die Ursprünge der Rasse. Der English Waterdog, der bereits im 17. Jahrhundert für seine Intelligenz, seine ausgeprägte Wasserfreude, seinen Apportierinstinkt und sein Durchhaltevermögen geschätzt wurde, gilt als sicherer Ursprung des Curly-Coated Retrievers.

Für die weitere Entwicklung der Rasse wurden später vermutlich auch „Grönland-Hunde“, besser bekannt als St. John's Neufundländer (Vorfahren des Labrador Retrievers), eingekreuzt – eine im 17. Jahrhundert ebenfalls weitverbreitete und geschätzte Hunderasse. Die nächsten Kreuzungen auf dem Weg zum modernen Curly sind hingegen umstritten. Es gilt als wahrscheinlich, dass sowohl Pointer als auch Setter beteiligt waren. Ob darüber hinaus auch Pudel und Irischer Water-Spaniel eingekreuzt wurden und in welcher Reihenfolge dies geschah, lässt sich heute nicht mehr eindeutig klären. Fest steht jedoch, dass die Ursprünge dieser drei Rassen eng miteinander verbunden sind und sie alle bereits seit Jahrhunderten in einer dem heutigen Erscheinungsbild ähnlichen Form existieren.

Bereits Drucke aus dem 18. Jahrhundert belegen, dass der Curly-Coated Retriever in seiner heutigen Form schon damals bekannt war. Die Rasse wurde 1854 vom englischen Kennel Club offiziell anerkannt und feierte ihr Ausstellungsdebüt 1860 in Birmingham im Rahmen einer gemischten Retriever-Klasse. Dort gewann ein Curly-Rüde die Klasse, während der zweite Platz an eine leberfarbene Curly-Hündin ging. Ab 1863 erfolgte die getrennte Bewertung der einzelnen Retrieverrassen. In Australien war der Curly bereits einige Jahre zuvor ausgestellt worden. 1890 wurde schließlich ein Rasseverein gegründet, der den bis heute weitgehend gültigen Standard festlegte. Der größte Unterschied zum damaligen Standard betrifft die Größe und das Gewicht: Früher war der Curly etwas kleiner als heute.

Über mehr als 100 Jahre blieb der Curly-Coated Retriever nahezu unverändert, und als Rassetyp ist er seit rund 400 Jahren bekannt. Bereits 1621 beschrieb Gervase Markham die „best Water Dogge“ als schwarz oder leberfarben, starke und schnelle Schwimmer mit langem, gelocktem Fell. Aus historischer Sicht wäre die Bezeichnung „English Water Retriever“ wohl zutreffender, doch angesichts des charakteristischen Fells war der Name Curly-Coated Retriever nahezu unvermeidlich.

Einsatz und Gebrauch

In ihrer Blütezeit, vor etwa 90 bis 100 Jahren, war die Rasse auf den britischen Inseln äußerst beliebt. Nahezu jeder Förster und Wildhüter in England und Schottland hielt mehrere Curly-Coated Retriever. Die Hunde wurden vor allem in zwei Bereichen eingesetzt: Einerseits dienten sie als vielseitige Jagdgebrauchshunde, die sowohl eigenständig als auch auf Anweisung zuverlässig arbeiteten, andererseits als zuverlässige Wachhunde zum Schutz vor Wilddieben sowie zur Bewachung von Haus und Hof. Besonders geschätzt wurden sie bei der Wasserjagd und von Einzeljägern. Dank ihrer ausgeprägten Schwimmfähigkeiten setzten auch die Fischer und Seeleute aus Norfolk die Curlys zum Ausbringen und Einholen von Netzen und Leinen ein – ihr Ruf als herausragende Schwimmer ist in dieser Region bis heute ungebrochen.

Auch außerhalb Großbritanniens bewährten sich Curly-Coated Retriever in unterschiedlichsten Einsatzgebieten. In Australien beispielsweise sind Curlys ebenso lange bekannt wie in ihrem Ursprungsland und gelten dort als die Spezialisten für die Entenjagd. Australische Farmer vertrauten und vertrauen dieser Rasse beim Viehtreiben, als Wachhund und sogar auf der Kängurujagd – lange bevor Labradors oder Golden Retriever dort eine Rolle spielten. In Neuseeland werden Curlys bis heute als vielseitige Jagdhunde geschätzt. In Skandinavien finden sie sogar als Schlittenhunde Verwendung. In einigen Ländern werden sie als Blindenführhunde eingesetzt, wobei ihre Größe von Vorteil ist und dem Blinden zusätzlichen Halt bietet.

All diese vielseitigen Einsatzmöglichkeiten unterstreichen: Der Curly-Coated Retriever ist nicht nur ein Gebrauchshund par excellence, sondern auch ein ausgezeichneter Familienhund.

Character

Curly-Coated Retriever sind in der Regel echte Ein-Mann- oder Eine-Familie-Hunde. Zwar zeigen sie sich freundlich, doch treten sie Fremden gegenüber meist zurückhaltender auf als andere Retrieverrassen.

Der Curly ist bekannt für seinen Humor und seine verspielte Art – Langeweile kommt im Zusammenleben mit ihm gewiss nicht auf. Besonders als Spielkamerad für Kinder sind Curlys hervorragend geeignet. Selbst Tiere, die nicht mit Kindern aufgewachsen sind, zeichnen sich durch eine natürliche Sanftheit und bemerkenswerte Toleranz aus, selbst wenn Kinder beim Spielen einmal etwas wilder werden. Viele Curlys suchen geradezu die Nähe zu Kindern und bemühen sich aktiv um gemeinsame Spiele. Die Rasse ist ausgesprochen anhänglich und benötigt engen Familienanschluss; eine reine Zwingerhaltung ist für sie völlig ungeeignet.

In Bezug auf die Ausbildung benötigt der Curly-Coated Retriever einen besonderen Ansatz. „Schnelle“ Trainingsmethoden sind für diese Rasse ungeeignet und ständige Wiederholungen langweilen schnell. Der Curly entwickelt sich langsam und erreicht seine volle Reife oft erst im Alter von drei Jahren. Diese langsame Entwicklung, kombiniert mit seiner hohen Intelligenz und dem ausgeprägten Eigensinn, erfordert viel Geduld, Konsequenz ohne Härte und das Einfühlungsvermögen, auf die individuellen Bedürfnisse des Hundes einzugehen. Wer bereit ist, diesen Weg zu gehen, wird mit einem ausdauernden, selbstständig arbeitenden und niemals aufgebenden Begleiter belohnt. Curly-Coated Retriever verfügen über einen ausgezeichneten Geruchssinn, arbeiten zuverlässig mit Wild und zeichnen sich durch hervorragendes Markieren aus, manche beherrschen die Stöberjagd und das Vorstehen.

Aussehen und Pflege

Der typische Curly-Coated Retriever ist am gesamten Körper von dichten Locken bedeckt – ausgenommen sind lediglich die Maske, die Hinterläufe ab dem Sprunggelenk sowie die Vorderseiten der Vorderläufe, die kurz und glatt behaart sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Rassen besitzt der Curly jedoch keine Unterwolle. Die Fellfarbe ist entweder tiefschwarz oder leberfarben (liver). Diese besondere Fellstruktur macht den Curly zu einem äußerst pflegeleichten Hund. Bürste oder Kamm werden in der Fellpflege nicht verwendet. Stattdessen wird das Fell gelegentlich leicht angefeuchtet und anschließend mit den Fingern in kreisenden Bewegungen durchmassiert. Dies reinigt das Fell und entfernt gleichzeitig lose Haare, denn wie andere Rassen wechselt auch der Curly-Coated Retriever zweimal jährlich sein Haarkleid.

Ein aufwändiges Trimmen ist in der Regel nicht erforderlich. Lediglich die Rute wird hin und wieder etwas in Form gebracht, um im Showring die gewünschte spitz zulaufende Silhouette zu erzielen. Auch überschüssiges Haar unter den Ohren kann gelegentlich entfernt werden. Die beste und natürlichste Pflege für das Fell des Curly-Coated Retrievers bleibt jedoch regelmäßiges Schwimmen.

Typisch für den Curly ist zudem der gut proportionierte, flache Kopf mit einem langen, kräftigen Kiefer sowie dunklen, zur Fellfarbe passenden Augen – entweder dunkelbraun bei schwarzen Hunden oder ein Braunton, passend zur Farbe des Haarkleides. Rüden erreichen eine Schulterhöhe von etwa 64 bis 69 cm und ein durchschnittliches Gewicht von 40kg. Hündinnen sind mit 58 bis 64 cm etwas kleiner und wiegen in der Regel durchschnittlich 30kg.

Bestände

Der Curly-Coated Retriever, einst die populärste aller Retrieverrassen, verlor um die Jahrhundertwende deutlich an Bedeutung. Dies fiel zusammen mit dem Aufschwung des Field-Trialings und dem Wandel von der traditionellen Einzeljagd hin zu groß angelegten Treibjagden, bei denen auch der gesellschaftliche Status eine größere Rolle spielte. Die spezifischen Stärken und Fähigkeiten des Curly-Coated Retrievers waren in dieser neuen Jagdform weniger gefragt. Zunächst musste die Rasse dem Flat-Coated Retriever weichen, später setzte sich der Labrador sowie der Golden Retriever durch. Nur dem Engagement einiger engagierter Züchter und Liebhaber sowie in Regionen, in denen die traditionelle Niederwild-Treibjagd („rough shooting“) erhalten blieb, ist es zu verdanken, dass die Rasse nicht vollständig verschwand. Heute nimmt die Zahl der Curly-Coated Retriever weltweit wieder langsam zu.

Aktuell gibt es in Europa etwa 2.000 registrierte Curly-Coated Retriever, in Nordamerika rund 1.000 Exemplare und in Australien sowie Neuseeland ebenfalls etwa 2.000. Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Zahl nicht registrierter Tiere, vor allem im australischen Outback. Auch in Südafrika ist die Rasse vertreten, allerdings liegen hierzu keine genauen Zahlen vor. In Deutschland sind derzeit 22 Deckrüden und 22 Zuchthündinnen registriert, von denen nicht mehr alle aktiv in der Zucht eingesetzt werden. (Maximales Zuchtalter für Hündinnen sind sieben Jahre. Ab dem 8. Geburtstag gilt der Hund als Veteran.)

Krankheiten

Insgesamt treten bei dieser Retrieverrasse nur wenige gravierende gesundheitliche Probleme auf. Die erbliche Augenkrankheiten PRA (progressive Retinaatrophie) und HC (hereditärer Katarakt) sind zwar bekannt, jedoch in der Population sehr selten. Gelenkerkrankungen kommen ebenfalls nur vereinzelt vor. Im Hinblick auf Hüftgelenksdysplasie (HD) und Ellenbogengelenksdysplasie (ED) liegen die durchschnittlichen Befunde meist im Bereich A bis C (auf einer Skala von A, sehr gut, bis E). Auch bei Curlys mit einem ungünstigeren Befund zeigen sich nur selten klinische Anzeichen für HD. Leider werden viele Curly-Coated Retriever nie auf HD/ED untersucht; akute Fälle von HD/ED sind jedoch auch bei älteren, lebenslang arbeitenden Hunden äußerst selten. Für die Zucht ist die HD- und ED-Untersuchung Pflicht. Um ein noch genaueres Bild zu erhalten, sind weitere Untersuchungen notwendig, doch derzeit scheint die Rasse von ernsthaften HD/ED-Problemen weitgehend verschont zu sein.

In einigen Linien treten vereinzelt Zahnfehlstellungen wie Unterbiss auf. Das Hauptproblem innerhalb der Rasse betrifft jedoch das sogenannte „Fellproblem“. Gerade an jener Stelle, an der der Standard besonders präzise ist, zeigt sich das häufigste bekannte Gesundheitsproblem des Curly-Coated Retrievers: Symmetrisch auftretende kahle Stellen, vorwiegend am Hals, an der Hinterhand und gelegentlich auf dem Rücken hinter der Schulter. Dieses Phänomen ist bei Hündinnen häufiger zu beobachten als bei Rüden. Die Ursachen sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Während einige Fachleute hormonelle Ursachen vermuten, sehen andere Umwelteinflüsse, insbesondere die Ernährung, als Auslöser. Allgemein anerkannt ist, dass bestimmte Linien, die durch eine besonders dem Ideal entsprechende Fellstruktur auffallen, auch verstärkt zu diesem Problem neigen. Die genetische Komponente gilt als gesichert, da Nachkommen zweier betroffener Elterntiere stets in hohem Maße das Fellproblem zeigen – oftmals sind die Welpen fast komplett kahl.

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die auch bei Retrievern selten vorkommen kann. Sie äußert sich durch wiederkehrende Anfälle, die in ihrer Ausprägung unterschiedlich stark sein können – von kurzen Absencen bis hin zu ausgeprägten Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust. Die Ursachen sind vielfältig: Häufig handelt es sich um eine sogenannte idiopathische Epilepsie, bei der keine klare Ursache feststellbar ist und eine genetische Veranlagung vermutet wird. Bei Zuchthunden wird auf Epilepsie geachtet, da eine erbliche Komponente nicht ausgeschlossen werden kann. Beim Curly wird vermutet, dass die genetische Ursache dabei auf mehreren Chromosomen liegt und einen Anschalter benötigt, im Gegensatz zu anderen Hunderassen, bei denen Epilepsie auch mal auf nur einem Chromosom liegen kann. (Polygenetisch rezessive Epilepsie bezieht sich auf eine Form der Epilepsie, bei der mehrere Gene (polygenetisch) eine Rolle spielen und eine rezessive Vererbung vorliegt. Das bedeutet, dass ein Hund die Epilepsie entwickeln kann, wenn sie von beiden Elternteilen jeweils eine Variante eines bestimmten Gens erbt. Die Erkrankung tritt auf, wenn mehrere dieser genetischen Varianten zusammenwirken und zusammen mit Umweltfaktoren zu Anfällen führen.) Hunde mit bekannter Epilepsie sind von der Zucht ausgeschlossen.

Tumorerkrankungen kommen bei Retrievern, wie bei vielen anderen Hunderassen, vor, insbesondere im mittleren und höheren Alter. Tumore können sowohl gutartig als auch bösartig sein. Die Symptome sind sehr unterschiedlich und reichen von tastbaren Knoten unter der Haut, Veränderungen im Allgemeinverhalten, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit bis hin zu plötzlichen Schwächeanfällen.

Rassestandard

Der Rassestandard ist vom FCI definiert und kann hier heruntergeladen und nachgelesen werden.